Leserbrief von Bernhard Schmidt an Zollernalbkurier und Schwarzwälder Boten

Zur Berichterstattung über die Vorstellung der Kandidaten zur OB-Wahl in Albstadt und der Diskussion um den Wasserpreis.

 

Mehrmals wurde behauptet nur Single-Haushalte seien von der Erhöhung der Wasserkosten durch die neuen Tarife ab 1.1.2015 betroffen. Als 5-köpfige Familie hatten wir 2014 103 m³ verbraucht. Uns erwarten bei gleichem Verbrauch deutlich höhere Wasserkosten. Erst ab einem Verbrauch von etwa 150 m³ würde man wenige Cent im Jahr sparen!! Es sind also alle kleinen Haushalte und Familien betroffen, die einen eigenen Wasserzähler haben. Es ist auch nicht einzusehen, dass Großverbraucher aus Industrie, Dienstleistung oder Behörden derart geschont werden.

Dr. Gneveckow und der Aufsichtsrat der Stadtwerke vermischen in unzulässiger Weise zwei Dinge. Die notwendige Sanierung und Instandhaltung des Leitungsnetzes und den Wasserverbrauch. Die Instandhaltung der Wasserversorgung, die kommunale Daseinsvorsorge kann und muss aus Steuermitteln finanziert werden, etwa durch eine deutliche Erhöhung der Umsatz- und der Vermögenssteuer, sowie der Gewerbesteuer. Dann käme man auch nicht auf die absurde Idee, hohen Wasserverbrauch zu belohnen und Wassersparen zu bestrafen.

Sauberes Wasser ist eine existentielle natürliche Lebensgrundlage der Menschheit. Wer den Leuten einredet, es gäbe zu viel Trinkwasser und die Wasserverschwendung fördert, greift damit das Umweltbewusstsein an. Täglich sterben weltweit etwas 10 800 Kinder durch fehlendes oder verunreinigtes Trinkwasser. Eine Untersuchung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung kam 2013 zu dem Schluss, dass die Wasserversorgung für etwa 500 – 800 Millionen Menschen allein infolge der zu erwartenden Erderwärmung bedroht ist.

Konsequenterweise verlor Dr. Gneveckow in seiner gesamten Vorstellung kein Wort darüber, welchen Beitrag Albstadt zum Umweltschutz leisten soll. Förderung Erneuerbarer Energien – Fehlanzeige. Stop der Zersiedelung der Landschaft durch eine unnötige Ferienwohnanlage (für die High Society?!) im Mehlbaum oder den überdimensionierten Campingplatz – Fehlanzeige. Im Gegenteil machte er gleich zu Beginn klar, dass an den sogenannten „Rahmenbedingungen“ nichts zu ändern sei – sprich, alles was von oben kommt: schlucken. Rolle Rückwärts in der Energiepolitik, Freihandelsabkommen TTIP mit gravierenden Folgen für die Kommunen, der krasse Widerspruch zwischen arm und reich und das Abwälzen von Lasten auf die Kommunen.

Diese „Rahmenbedingungen“, an denen man angeblich nichts ändern könne, fallen jedoch nicht vom Himmel, sondern werden von der Bundesregierung - also auch Herrn Gneveckows Partei CDU, verantwortet. Wasser ist Menschenrecht. Im Kapitalismus wird Wasser jedoch wie alles zur Ware, zum Spekulationsobjekt. Internationale Konzerne gieren schon nach der öffentlichen Wasserversorgung, um damit Profite zu machen. Diese ganze Politik ist das Gegenteil von Verantwortung für Mutter Erde und ihre begrenzten Ressourcen. Dagegen wies bereits Karl Marx im „Kapital“ darauf hin „... Selbst eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleichzeitigen Gesellschaften zusammengenommen, sind nicht Eigentümer der Erde. Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutznießer, und haben sie als boni patres familias (gute Familienväter) den nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen.“

 

Bernhard Schmidt