Leserbriefe von Renate Schmidt und Thomas Voelter

Zu einem Tagebuch-Kommentar gegen den Marxismus im Zollern-Alb-Kurier

12.05.2017

Leserbrief

Welche Freiheit meint der Antikommunismus?

 

Für wie einfältig muss ein Herr Pannewitz ZAK-Leser halten, wenn er mit seinem antikommunistischen Kommentar einen großen Wurf zu landen wähnt. Treffliche Antworten hat er schon bekommen. Zwei Lügen antikommunistischer Propaganda möchte ich näher beleuchten. Lüge Nr. 1: Der Marxismus propagiere die Enteignung des Individuums. Der kleine Mann soll zittern vor der „roten Gefahr“, um sein Häuschen, seine Ersparnisse. Genau diese Lüge wird schon im Kommunistischen Manifest 1848 von Marx und Engels widerlegt. Glasklar wird dort herausgearbeitet, dass es um die Enteignung der Kapitaleigner geht, um die Überführung der Produktionsmittel in gemeinsames Eigentum des gesamten werktätigen Volkes. Dadurch wird die Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft zum Zwecke des Profits beendet. Der gesellschaftlich erarbeitete Reichtum kommt denen zugute, die ihn erarbeiten. Und ist nicht vielmehr die Entwicklung des Kapitalismus eine Geschichte ständiger Enteignungen? Die gegenwärtige Zinspolitik enteignet die Sparer um Milliarden.
Lüge Nr. 2: Der Marxismus raubt dem Individuum die Freiheit. Welche Freiheit? Die Freiheit des Arbeiters, seine Arbeitskraft verkaufen zu müssen? Im Betrieb den Mund halten zu dürfen, um nicht auf die Abschussliste zu geraten? Die Freiheit des Leiharbeiters, sich modernen Sklavenhaltern verdingen zu müssen? Die Freiheit des altersarmen Rentners, zum Sozialamt gehen zu können? Der bald sieben Millionen Hartz-IV-Empfänger, an der Grenze zur Armut zu leben? Die Freiheit afrikanischer Mitmenschen, aus existenzieller Not fliehen zu müssen? Oder syrischer Kinder, Frauen und Männer, vor dem (Bomben)-Terror eines Krieges der Imperialisten um die Vormacht im Nahen Osten ihre Heimat verlassen zu müssen? 
Der Antikommunismus redet von Freiheit des Individuums, meint aber die Freiheit der Herren der Welt, die Freiheit des internationalen Finanzkapitals, „frei“ ihren Handel, „frei“ ihre Jagd nach Maximalprofiten, „frei“ ihren Raubbau an der Natur betreiben zu können, Kriege zu führen für diese „Freiheit“. Diese Freiheit wird tatsächlich mit der Revolution und dem sozialistischen Aufbau beendet werden. Der Antikommunismus repräsentiert das verzweifelte Sträuben eines niedergehenden Systems gegen den historischen Fortschritt.
Thomas Voelter
Wasenstraße 4, Tailfingen

Renate Schmidt

Schalksburgstraße 212

72458 Albstadt

Tel: 07431 / 763007 Albstadt, den 3. Mai 2017

 

 

an den Zollernalbkurier

 

Leserbrief zum Tagebuch vom 28. April 2017 „Rote Gefahr von innen“

 

Dieser Kommentar zeugt von völliger Unkenntnis des Marxismus/Leninismus. Herr Pannewitz behauptet, Karl Marx würde die Menschen ihres Besitzes und ihrer Individualität berauben. In Wirklichkeit vertrat Marx die Vergesellschaftung der Produktionsmittel, um die Ausbeutung der Arbeiterklasse und der Natur zu beenden. Marx analysierte, wie das Kapital die Massen in Armut und Elend drückt, während auf der anderen Seite wenige immer reicher werden. Heute sind 60 Prozent des kommerziellen Saatguts bei drei Konzernen konzentriert. Sie enteignen die Bauern der Welt! Martin Winterkorn kassiert für VWs kriminelle Umweltvergiftung auch noch 3100 Euro Rente am Tag, während die Arbeiter immer mehr gehetzt, mit Leiharbeit und Niedriglöhnen abgespeist werden. Immer mehr Menschen auch in Europa leben von der Hand in den Mund. Der Kapitalismus enteignet die Massen, nicht Karl Marx. Die Vision von Marx ist nicht Gleichmacherei, sondern das Ende von Ausbeutung und Unterdrückung, eine klassenlose Gesellschaft, in der jeder nach seinen Fähigkeiten zum Gemeinwohl beiträgt und die Menschheit bewußt in Einheit mit der Natur produziert und lebt. Heute sind die Produktivkräfte so weit entwickelt, dass menschenwürdiges Leben und ein hohes kulturelles Niveau für die gesamte Menschheit in Einheit mit der Umwelt möglich wäre. Dagegen steht die Diktatur der Monopole, die alles ihren Profitinteressen unterwirft und eine globale Umweltkatastrophe heraufbeschwört.

Die Gleichsetzung von Faschismus und Sozialismus ist absurd. Wer hat denn die 2 Weltkriege vom Zaun gebrochen? Das deutsche Industrie- und Bankkapital. Sie steckten hinter dem Kaiser und hinter Hitler. Das Wesen des Faschismus ist die Unterdrückung der revolutionären Arbeiterbewegung, Rassismus, Nationalismus und Aggression nach außen. Dagegen beendete das „Dekret über den Frieden“ in der Oktoberrevolution 1917 den 1. Weltkrieg für Russland. Das „Dekret über Land und Boden“ enteignete die Großgrundbesitzer und verteilte das Land auf die Bauern und Pächter. Gegen dieses revolutionäre Russland unter Lenin führten 14 Länder einen Invasionskrieg – gestützt auf die gestürzten Ausbeuter in Russland. Die Konterrevolution zettelte den blutigen Bürgerkrieg an, nicht Lenin. Im Zweiten Weltkrieg war es die Rote Armee und die Sowjetunion welche die Hauptlast bei der Befreiung vom Hitler-Faschismus trugen.

Der Sozialismus brachte große Erfolge, Errungenschaften und Fortschritte, es passierten auch Fehler und Verbrechen. In den 1950iger (Sowjetunion, DDR) und 1970iger (China) wurde er verraten und in einen bürokratischen Kapitalismus verwandelt, dessen neue Herren zur Täuschung aber weiter die Roten Fahnen schwenkten und kommunistische Phrasen dreschten. Wer eine gesellschaftliche Perspektive sucht, sollte sich mit der Geschichte des Sozialismus und den Lehren daraus auseinandersetzen.

 

Renate Schmidt