Rede der MLPD bei Gedenkfeier am 8.Mai
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,
Ich begrüße euch recht herzlich zu unserer Gedenkfeier aus Anlass des Tags der Befreiung vom Hitlerfaschismus am 8. Mai 1945. Der 8. oder 9. Mai ist in vielen Ländern ein Feiertag. Warum nicht auch bei uns? Den Sieg über den Faschismus und das Ende des 2. Weltkrieges feiern und den Toten gedenken – das gehört zusammen, das ist kein Widerspruch. Und unser Anliegen ist, das Gedenken zu verbinden mit der heutigen Situation. Was können wir aus der Geschichte zu lernen?
Die Veranstalter – MLPD Zollernalb, das kommunalpolitische Bündnis ZUG-Albstadt und Frauen von Courage haben folgenden Ablauf geplant:
- zuerst spreche ich für die MLPD
- Horst Kleber mit dem weltweit bekannten antifaschistischen Lied Bella ciaou.
- Beitrag von ZUG-Albstadt
- Möglichkeit von Grußworten
- wir hören dann ein Gedicht von Bertolt Brecht
- einen Beitrag der Frauen von Courage.
- Musikstück
- Beitrag über Willi Dickhut, der ein mutiger Widerstandskämpfer gegen den Faschismus war.
- Zum Abschluss wollen wir den Opfern des Faschismus gedenken und Blumen niederlegen.
Für die Blumen und das Blumengesteck wollen wir am Schluss Geld sammeln.
- Gerne würde ich euch zum Abschied den „Schwur von Buchenwald“ vortragen.
Ich möchte euch nun auf die Coronahygiene-Regeln hinweisen:
2 Meter Abstand, Mund-Nasenschutz, an Covid 19 Erkrankte bzw. mit dem Corona-Virus infizierte Personen bzw. Personen mit Symptomen dürfen nicht an unserer Gedenkfeier teilnehmen.
Verehrte Teilnehmer unserer Gedenkfeier,
Wir befinden uns hier am Gräberfeld der russischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus der damaligen Sowjetunion. In einem Artikel von Dr. Peter Thaddäus Lang heißt es: „ …..Von den in Ebingen bestatteten Personen ist nur etwa die Hälfte auch ebenda verstorben – bei den Übrigen liegen die Sterbeorte häufiger in der näheren (Balingen, Dormettingen, Dotternhausen, Schömberg), seltener in der weiteren Umgebung (in Metzingen, Reutlingen, Tübingen oder auch in Urach). Sie starben jung: Das durchschnittliche Alter beim Eintritt des Todes betrug exakt 28,6 Jahre. 14 Prozent der Verstorbenen hatten noch nicht einmal das Erwachsenenalter erreicht …. Bei 76 von ihnen halten die erhaltenen Akten die Todesursache fest – zu 60 Prozent ist Tuberkulose genannt, eine Krankheit, die unter den gegebenen Umständen als Folge von Unterernährung gelten kann.“ Wir werden später noch mehr hören zum Leben und Sterben dieser Menschen, welche hier begraben sind.
Am 8. Mai 1945 endete der 2. Weltkrieg. Das Deutsche Reich kapitulierte unter den Schlägen der Alliierten USA, England und der Sowjetunion. Der Hitlerfaschismus war endlich zerschlagen. Er hatte unendliches Leid über die Menschheit gebracht. 35 Millionen gefallene Soldaten, 15 Millionen Tote in der Zivilbevölkerung, 35 Millionen Versehrte, 20 Millionen Verwaiste. Auschwitz, Dachau, Buchenwald, grausamste Folter, Verfolgung und Ermordnung der Kommunisten, Gewerkschafter, Sozialdemokraten, Christen, ethnischer Minderheiten, Judenpogrome und Holocaust – zerbombte Städte, Hunger, Elend und Tod. Sage und schreibe 61 Staaten der Welt waren im Kriegszustand. Die Sowjetunion und ihre Rote Armee unter der Führung von Josef Stalin war die Hauptkraft im Krieg gegen Hitlerdeutschland. Mit 20 Millionen Toten hatte die Sowjetunion auch die allermeisten Opfer zu beklagen. Zu diesen 20 Millionen Opfern aus der Sowjetunion gehören diese Toten vor denen wir hier stehen.
Herr Dr. Lang schreibt in seinem Artikel vom Ende des Krieges: „Ihre hoffnungslose Unterernährung führte zu einem wahren Massensterben – oder war es vielleicht eher so, dass beim Herannahen der Sieger im April 1945 sich die zuständigen Lagerverwalter aus ihrer Verantwortung stahlen und die ihnen anvertrauten Menschen einfach krepieren ließen? Als die Franzosen am 24. April der Nazi-Herrschaft in Ebingen ein Ende bereitet hatten, war der Gesundheitszustand der nunmehr befreiten Russinnen und Russen dermaßen schlecht, dass im Mai 1945 weitere 18 von ihnen verstarben und im Juni noch einmal zehn.“
Wie konnte es zu all dem kommen?
Wir können aus der Geschichte nicht lernen, wenn wir uns mit oberflächlichen, vom Wesen der Sache ablenkenden Erklärungen zufrieden geben. Der Faschismus und der 2. Weltkrieg waren eben nicht die Taten eines durchgeknallten Psychopaten. Adolf Hitler war nicht einfach ein Unfall der Geschichte. Er wurde bewusst durch das deutsche Monopolkapital an die Macht gebracht. Das Wesen war die brutalste Herrschaftsform des Monopolkapitals und sein Feind war der Kommunismus.
Zur Zeit der Weltwirtschaftskrise 1929 bis 1932 drohte den herrschenden Monopolen ein Verlust ihrer Massenbasis. Die „Gefahr“ einer sozialistischen Revolution nach dem Vorbild der Sowjetunion nahm zu. Bei den Reichtagswahlen im November 1932 hatte die KPD fast 700 000 Stimmen dazu gewonnen, während Hitlers NSDAP zwei Millionen Stimmen verloren hatte. SPD und KPD hätten zusammen den stärksten Anti-Hitler-Block bilden können.
„In dieser Situation entschied sich das deutsche Monopolkapital bewusst, zu einer offen terroristischen Diktatur über die gesamte Gesellschaft überzugehen. Es unterstützte mit allen politischen und finanziellen Mitteln die sich demagogisch „Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei“ nennende faschistische NSDAP.“ - Drahtzieher waren die IG-Farben, der größte Chemiegigant der Welt, die „Vereinigten Stahlwerke“, das Ruhrkohlesyndikat und Großbanken. Die 400 führenden Monopolvertreter wurden zu Wehrwirtschaftsführern ernannt. Die Organisierung der Wirtschaft und die staatliche Machtausübung verschmolzen zu einem einzigen „Wehrwirtschaftskomplex“. Später schufteten auch die Zwangsarbeiter in der Rüstungsindustrie.
„Um Einfluss zu bekommen, entfaltete die NSDAP eine extrem rassistische, sozialfaschistische und antikommunistische Demagogie. Sie textete Melodien bekannter Lieder der Arbeiterbewegung um, kopierte Organisationensformen der Arbeiterbewegung und verdrehte Begriffe des Sozialismus, gab ihnen einen völkischen, rassistischen und antikommunistischen Inhalt.“ Schon allein der Begriff „Nationalsozialismus“ ist Betrug, denn das Wesen des Sozialismus ist ja gerade der Internationalismus, die Losung „Proletarier aller Länder vereinigt euch!“, also das Gegenteil von Nationalismus, Sozialismus und Nationalismus sind wie Feuer und Wasser! „Um sein tatsächliches Wesen zu tarnen, bediente sich der Faschismus antikapitalistischer Phrasen, die nur zur Täuschung der Massen bestimmt waren. In Hitlers berüchtigter Rede vor Vertretern des deutschen Monopolkapitals in Düsseldorf fand sich allerdings kein antikapitalistischer Ton. Hier legte er unverblümt seine Ziele offen: Mit einem gegen den Marxismus/Leninismus und die Sowjetunion gerichteten Programm diente er sich den Herrschenden an. Er attackierte die Kommunisten als Hauptgegner des deutschen imperialistischen Expansionsstrebens ….“
Ja, die KPD hatte schon 1932 gewarnt: „Wer Hitler wählt, wählt Krieg!“
Die NSDAP hatte „den unerbittlichen Entschluss gefaßt, den Marxismus bis zur letzten Wurzel in Deutschland auszurotten.“ Schon im März 1933 wurde die KPD verboten. Die Hälfte der KPD-Mitglieder wurden verhaftet und 35 000 ermordet. Die ersten KZs wurden vor allem mit Kommunisten gefüllt. So auch im sehr früh errichteten KZ hier in der Nähe - „Auf dem Heuberg“, in welches die politischen Widerstandskämpfer – Kommunisten und Sozialdemokraten verfrachtet wurden. Nach und nach landeten dann auch alle anderen demokratischen und den Nazis nicht genehme Menschen in den schließlich über 1000 Konzentrationslagern: Roma und Sinti, Homosexuelle, sogenannte „Asoziale“ und behinderte Menschen. Die Verfolgung und Hetze gegen die Juden wurde mit der Hetze gegen den Kommunismus verknüpft: Der Marxismus sei ein „Produkt des Judentums“ und ein „jüdisch-bolschewistisches internationales Finanzkapital“ wolle seine Weltherrschaft errichten. Mit Rassismus, extremen Nationalismus, Antisemitismus, einer völkischen Ideologie sollten die Massen für den barbarischen Krieg der „deutschen Herrenrasse“ gegen den „Weltbolschewismus“ gewonnen werden. Es sollte nicht mehr Arbeiter und Kapitalisten geben, sondern nur noch das quer durch alle Klassen und Schichten vereinte „Herrenvolk“. Die Geschichte zeigt: Die Wurzeln des Faschismus liegen im Kapitalismus und in der Diktatur der Monopole und er richtet sich gegen den Sozialismus/Kommunismus.
Heute ist die AfD Wegbereiter und Sammelbecken des Faschismus. Auch sie geben sich aus als „Protest gegen die da oben“, als „Kämpfer gegen die Eliten“. In der Corona-Pandemie spielen sie sich auf als Retter von Demokratie und Freiheit. Ihr Kern aber ist die Freiheit, andere mit dem Corona-Virus anzustecken, Freiheit für die Kapitalisten, die Arbeiter und andere Völker der Erde auszubeuten, die Wirtschaft vom Umweltschutz zu „befreien“, für den Krieg aufzurüsten und gegen Migranten und Flüchtlinge zu hetzen. Ihr Rassismus und Nationalismus spaltet in Menschen erster und zweiter Klasse, und natürlich wettern sie bei jeder Gelegenheit gegen Sozialisten und Kommunisten.
Die Welt ist in Unruhe. Immer weniger glauben, dass die Probleme der Menschheit gelöst werden, wenn sich nichts Grundlegendes ändert. Wir erleben mutige Massenkämpfe gegen Militär-Diktaturen, Streiks, Demonstrationen gegen Unterdrückung, Krieg, Umweltzerstörung, gegen Rassismus und gegen Gewalt an Frauen. In vielen Ländern gehen die Menschen Tag für Tag auf die Straße – wohl wissend, dabei ihr Leben zu riskieren. Überall stellt sich vor allem die Jugend rechten Kräften und Parteien in den Weg. Gleichzeitig gibt es weltweit eine Rechtsentwicklung der Regierungen, der bürgerlichen Parteien, der Medien, der Kultur und ein Teil der Massen fällt auf die Rechten herein. Der imperialistische Konkurrenzkampf um Weltmarktanteile, Rohstoffe, Absatzmärkte, Einfluss und Macht ist der Hintergrund für das Aufkommen rechter und faschistischer Parteien und Regierungen, Aufrüstung und bis hin zur Gefahr eines 3. Weltkrieges. Ein Kampf um das Bewusstsein der Menschen ist entbrannt. Wohin soll die Reise gehen? Wer mit antikommunistischen Vorurteilen und Vorbehalten fertig wird, für den eröffnet sich auch eine gesellschaftlilche Perspektive.
Der Antikommunismus setzt rechts und links, Faschismus und Kommunismus böswillig und wahrheitswidrig gleich. Wir seien genauso wie die Rechten „extremistisch“. Diese üble Unterstellung spaltet den dringend notwendigen gemeinsamen Kampf und dient in allen Bewegungen dazu, den Protest in brave systemkonforme Bahnen zu lenken, und jeden revolutionären Gedanken zu ersticken. Die Welt aber braucht mehr denn je revolutionäre Veränderung.
Wir müßten hier nicht stehen, wenn damals rechtzeitig die Einheit von KPD und SPD gegen Hitler zustande gekommen wäre, wenn damals die vereinte geballte Kraft der Arbeiterklasse, ihrer Gewerkschaften und ihrer Parteien gegen die faschistische Gefahr eingesetzt worden wäre. Umso erfreulicher, dass es seit dem 1. Mai eine internationale antiimperialistische und antifaschistische Einheitsfront von fast 500 Organisationen auf fünf Kontinenten gibt.
Diese Gräber mahnen uns:
Gemeinsam gegen Faschismus und Krieg!
Keinen Fußbreit den Faschisten! Wehret den Anfängen!
Gib Antikommunismus, Faschismus, Rassismus und Antisemitismus keine Chance!
Vielen Dank!
Informationen und Zitate aus:
- Artikel von Dr. Peter Thaddäus Lang: „Sie starben jung“, Heimatkundliche Blätter Juli 2001;
- Stefan Engel: Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Antikommunismus – insbesondere Kapitel 4 „Die faschistische Ideologie und die Wandlung des b